„MeinRat“ von Pfarrer Meinrad Huber – „Sch’ma Israel“

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Die Zentrale Geschichte Israels, wage ich zu behaupten, ist nicht die Staatsgründung Israels vor 70 Jahren im Mai 1948, sondern die Befreiung Israels aus der Sklaverei, aus der Knechtschaft Ägyptens. Die Geschichte von Mose, Aaron und Miriam, der Marsch durchs Rote Meer, der Tanz um das goldene Kalb, die Landnahme. Zentrales Fest der Erinnerung ist das Paschafest – die Erinnerung, wie jede Familie damals ein Lamm geschlachtet und gegessen hat und mit dem Blut die Türpfosten gekennzeichnet. Dieser Text hat in unsere zentrale Feier Eingang gefunden, dem Gottesdienst aller Gottesdienste, die Osternacht, die seine wöchentliche Wiederholung findet, in der Feier des Sonntags.

„ schəma jisrael adonai elohenu adonai echad“ (sefardisch)  „Höre Jisrael! Adonai (ist) unser Gott; Adonai (ist) Eins.“

Dieser Text wird in hebräischer Sprache zweimal täglich gebetet, sowohl in der Früh nach dem Aufstehen, als auch abends vor dem Niederlegen.

„Diese Worte, auf die ich dich heute verpflichte, sollen auf deinem Herzen geschrieben stehen. Du sollst sie deinen Kindern erzählen. Du sollst von ihnen reden, wenn du zu Hause sitzt und wenn du auf der Straße gehst, wenn du dich schlafen legst und wenn du aufstehst. Du sollst sie als Zeichen um dein Handgelenk binden. Sie sollen als Merkzeichen auf deiner Stirn sein. Du sollst sie auf die Türpfosten deines Hauses und in deine Tore schreiben.“  (Dtn 6,5–9)

Der Text – ein Gebet, aber weit mehr als nur Gebet. Es bestimmt den Alltag, das Miteinander, mein Verhältnis zum Mitmenschen, meine Beziehung zu Gott. Es gibt zwar den Kirchenraum und den Welt-Raum außerhalb der Kirche. Es gibt keinen Gottesstaat fanatischer Gruppen damals wie heute, wenn manche einen solchen auch gerne hätten! Das „Sch’ma Israel“ ist ein Glaubensbekenntnis zu Gott, einem Gott, der die Wege seines Volkes in der Welt von heute begleitet – als einzelne, aber auch als Gemeinschaft. Darum geht es nicht nur um ein Hören auf Gott, sondern auch ein Hören aufeinander, besonders in Zeiten von Gefahr und Not. Das Bekenntnis zu Gott, ihn an die erste Stelle zu setzen, ist erste Priorität, ihn zu lieben. Gottesdienstlich zu sagen, ihn anzubeten: Es schließt ein zweites mit ein, das Jesus an die zweite Stelle setzt, als zweitwichtigstes. Den Menschen im Menschsein zu würdigen, zu achten, vom Beginn seines Daseins bis zum Tod. Heute würde Jesus wohl ein drittes benennen, die Achtung und Bewahrung der Schöpfung.

Dreimal am Tag läuten die Glocken. Nicht um uns zu ärgern, sondern zu erinnern, wie es am Anfang der Benediktsregel heißt, „Höre und du wirst leben.“

Pfarrer Meinrad Huber, Ostrach