Stricken war Nicole Rauschers Leidenschaft

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Ostrach-Habsthal – Eine außergewöhnliche Spende erreichte den Klosterladen im Kloster Habsthal. Nicole Rauscher packte einen Korb zusammen und stiftete ihre einzigartigen Strickpullis, die sie selbst individuell und mit hochwertigen Materialien in ihrer Jugend gestrickt hat. Etwa zehn Exemplare sind es zunächst, die nun ausgestellt werden können „und vielleicht findet sich ja ein Liebhaber, der darf dann gerne einen kaufen“, erzählt sie. Der Erlös geht dann in die Kasse der Klostergemeinschaft. Damit entpuppte sie sich als Handarbeits-Expertin und ihre Kunst beschreibt sie so: „Es sind Damenpullis und viele davon habe ich einst für meine Mutter gestrickt, aber es sind auch eigene dabei. Die Pullis sind hauptsächlich im Material- und Mustermix. Das machte total viel Spaß und ich war damals immer so was von gespannt, wie verschiedene Materialien gestrickt aussehen. Das Besondere daran ist, dass sie zum einen aus hochwertige Materialien sind, also 100 Prozent Seide, 100 Prozent Angora, 100 Prozent Baumwolle, usw. Zum andern ist es die Technik. Es sind Pullis dabei, die habe ich am Arm begonnen. Normalerweise fängt man ja am Bund unten an und strickt das Vorderteil bis zu den Schultern hoch, dann das Rückenteil, dann kommt ein Arm nach dem andern. Das ist der Klassiker. Aber ich habe die Pullis von allen Seiten begonnen und beendet. Der eine in Natur ist wie gesagt von einem Arm zum andern in einem Stück mit Halsausschnitt gestrickt worden. Ein anderer im rosa Materialmix hat einen diagonalen Angora Zopf. Das war nur möglich, weil der Pulli auch diagonal gestrickt wurde. Also habe ich unten links mit etwa zehn Maschen angefangen und dann das Vorderteil entsprechend gestrickt. Der Rücken wurde spiegelverkehrt, damit sich der schöne, kuschelig weiche Zopf auf der rechten Schulter getroffen hat.“ Mit sechs Jahren hat die Künstlerin das Stricken von ihrer Oma gelernt. Die ersten Werke waren Schals und Puppenkleider. Gleichzeitig hat Rauscher viel gehäkelt. In den 80ern waren Filethäkeleien sehr angesagt. Deshalb verschenkte sie gerne selbstumhäkelte Taschentücher, Vorhängchen und Obstkörbe. „Die wurden anschließend in Zuckerwasser getaucht, was über Nacht eintrocknete, damit sie richtig steif wurden“, so die „Stickliesl“. Zwischendurch stickte sie Bilder und Tischläufer und knüpfte Kissen und Teppiche. „Als meine Mutter dann ein Handarbeitsgeschäft eröffnete, war ich 13 Jahre alt. Da erwachte erst so richtig das Strickfieber in mir. Mein erster Pulli war glatt rechts gestrickt, also ganz einfach. Aber er hatte etwa 1,5 cm breite Farbstreifen und sah ein bisschen aus wie ein Regenbogen“, erinnerte sie sich. „Langsam steigerte ich mich und wagte mich an immer schwierigere Modelle. In den 80ern waren dann die Trachtenjacken so aktuell. Da habe ich auch viele gestrickt.“ Immer mehr suchte sie die Herausforderung und es war kein Muster mehr zu schwer: Zöpfe, zweifarbiges Patent, Zählmuster, Lochmuster, Fallmaschen und das Flechtmuster. „Oh, das habe ich geliebt“, lacht sie mit strahlenden Augen. „Die Pullis sahen super aus und ich weiß nicht, wie viele ich davon gestrickt hab – in allen Farben.“ Auch für Prominente strickte sie: „Ein Pulli wurde von einer Kundin in Auftrag gegeben, der dann als Geschenk für Toni Marshalls Tochter diente. Die Herausforderung konnte nicht mehr groß genug sein „und irgendwann fing ich an, Pullis auch aus dem Kopf zu stricken. Die waren ebenfalls extravagant und in einem Stück gestrickt. Mein Rekord lag bei vier Pullis und zwei Trachtenjacken, die ich einmal in den Sommerferien geschafft hab. Damals war ich extrem schnell und strickte blind, vorwärts und rückwärts. Nichts war ein Problem“, schwelgt Rauscher in Erinnerung. Die Pullis spendete sie nun ans Kloster, weil sie durch den Kontakt dorthin mitbekam, dass eine hohe Wertschätzung für alles, was Handarbeit, Kunst oder Lebensmittel betrifft, vorherrscht. „Ich denke, dass sie dort gut aufgehoben sind und würde mich freuen, wenn sie jemanden finden, der sich ebenfalls darüber erfreut und diesen Handarbeiten eine entsprechende Wertschätzung entgegenbringt.“ Wofür sie „früher immer einen Knoten im Kopf hatte“, war das Stricken von Socken. „Bis dahin habe ich alles gemacht: Jacken, Pullis, Schals, Röcke, Mützen, Handschuhe. Aber Socken habe ich nie hinbekommen. Das hat noch viele Jahre gedauert, bis einmal das erste Paar fertig wurde. Im Winter stricke ich hin und wieder welche, aber viel Zeit dafür ist leider nicht mehr. Als mein Sohn ein Baby war, strickte ich für ihn noch einiges: Pullis, Jacken, Mützen, Schals und Söckchen. Letztes Jahr habe ich sogar in meinem Seminar den Wunsch von ein paar Frauen aufgegriffen, ihnen das Stricken zu erlernen. Da rannten sie bei mir offene Türen ein. Und ich brachte noch so viel Euphorie und Begeisterung auf, dass sogar die Herren in dem Kurs neugierig wurden und das auch probieren wollten und haben. Anschließend waren sie ganz stolz. Das hat viel Spaß gemacht. Heute würde ich bestimmt noch gerne stricken, aber es fehlt zum einen hinten und vorne die Zeit und zum andern sah ich keinen Pulli mehr, der mich so gefesselt hätte, dass ich ihn hätte stricken wollen“. Hier ist sie anspruchsvoll: „Ein sauberes Strickbild und ein fesselndes Muster, das macht für mich einen guten Strickpulli aus. Er muss faszinieren und wenn er mich faszinieren kann, dann ist er wirklich gut!“

Zusammen mit Doris Danner (rechts) vom Klosterladen zeigtStrick-Expertin Nicole Rauscher (links) ihre Pullis, Kunstwerke, die sie als Jugendliche gemacht hat. Fotograf: Luis Rauscher