In knapp drei Jahren um die Welt: Heidi Hetzer

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Ostrach-Köln – Es sollte ein gemütlicher Bummel über die Domplatte mit einem Blick in die Schaufenster verschiedener Boutiquen werden, doch es kam plötzlich ganz anders. Da stand ein altes, um nicht zu sagen, ein historisches Auto an erster Stelle eines Parkstreifens. Auffallend waren daran ebenfalls die sehr eleganten Holzfelgen und auch sonst deutete alles darauf hin: es war „Hudo“ mit seiner Power-Fahrerin Heidi Hetzer. Sie war auf ihrem Rückweg nach Berlin und legte einen Zwischenstopp in Köln ein, nachdem sie nun knapp drei Jahre um die Welt gefahren ist. „Eigentlich wollte ich erst am 22. April zurückkommen, dann wären es genau 1000 Tage gewesen“, erzählte die Heimkehrerin. Nun war sie sechs Wochen eher da, vollgepackt mit unbezahlbaren Eindrücken. Dennoch betonte die 79-Jährige: „Ich muss erst eine Sache zu Ende bringen und das ist in Berlin zu Ende, wenn ich angekommen bin. Bis dahin sind es noch zehn Tage und ich hab immer noch Magenschmerzen, dass das Auto kaputt geht.“ Die Rede ist von ihrem Hudson aus dem Jahre 1930, den sie extra für ihre Tour gekauft hat. Inspiriert hat sie die Geschichte der 1901 geborenen Clärenore Stinnes, die sich von 1927 bis 1929 auf den Weg machte und die Welt mit ihrem Adler Standard 6 umfuhr. Bis dahin gewann die junge Frau 17 Autorennen und galt als erfolgreichste Rennfahrerin Europas. Danach war Stinnes der erste Mensch, der sich bei der schlechten Straßensituation auf solch ein Abenteuer einließ. „Das fand ich so toll“, versicherte die Weltumfahrerin, „und ein bisschen bin ich auf ihren Spuren gefahren“. Für die ebenfalls ehemalige Rennfahrerin stand fest: „Nun bin ich fast 80 Jahre und ich wollte die ganze Welt sehen, aber das ist meine letzte Tour.“. Problematisch stellte sich allerdings schon der Autokauf dar. „Diesen Adler gab es nicht mehr, aber der Hudson sieht so aus. Er stand sechs Jahre im Internet und keiner wollte ihn.“ „Hudo“ ahnte nicht, zu welcher Höchstleistung er in seinem betagten Alter noch fähig war. Für den bis dahin knapp 85-jährigen Automobil-Senioren war das die Ruhe vor dem großen Sturm, denn sein größtes Abenteuer stand ihm kurz bevor. Sein Spitzname entstand durch den Vornamen „Udo“ des Vorbesitzers und der Automarke Hudson. Kaum war das Fahrzeug in Hetzers Besitz, begann sie mit Umbaumaßnahmen und gönnte sich Sportsitze. Dann ging alles recht schnell: „Vor zwei Jahren und sieben Monaten bin ich in Berlin losgefahren gen Osten Richtung Äquator hoch und runter, hab nirgends ein Hotel gebucht und versuchte, vor Ort etwas zu finden.“ Am liebsten zeltete sie, „weil man dabei andere Leute getroffen hat.“ Doch das kam gar nicht so oft vor, denn“ über 50 Prozent habe ich privat gewohnt und das war sensationell!“. Sie schätzte, dass es daran lag, „weil ich alleine war und ein Mädchen bin“. Die restlichen Nächte verbrachte sie im Auto oder im Zelt. „Ich hatte einmal einen Beifahrer, aber das ging nicht gut.“ Mit einem Augenzwinkern erklärte sie: „Männer wissen alles besser!“. Hetzer prägte den Satz, dass man mit einem Lächeln überall durchkomme. Diese Aussage korrigierte sie etwas, wenn es um eine Werkstatt-Situation ging. „Da reichte ein Lächeln nicht mehr, weil die Fachkenntnisse fehlten.“ Mit deutscher und englischer Sprache kam sie weit, doch manchmal wären Spanischkenntnisse eine Erleichterung gewesen. „Alle waren nett und freundlich, außer in Europa“, blickte sie zurück. „Da kann man lächeln, aber nichts kommt zurück“. Vergleichend mit anderen Kontinenten stellte die Rennfahrerin fest: „Es ist hier alles geordnet, aber das ungeordnete mit dem Lächeln hat mir besser gefallen.“ Die Hauptstädte weltweit sind alle gleich und unterscheiden sind in den Dimensionen. Aber es gebe überall Shopping-Center und Restaurants. „In Capetown in Afrika haben sie ein Kaufhaus, da ist da Kadewe ein Dreck dagegen.“ Diese Stadt blieb ihr allerdings noch anderweitig in Erinnerung. „Dort ist viel geklaut worden“. Auch sie selbst wurde Opfer. „Mir hat man das Auto ausgeräumt, das Telefon aus der Tasche geklaut und die Goldkette vom Hals gerissen.“ Dabei fuhr sie schon mit kleinem Gepäck los. „Ich hatte nun drei Jahre keinen Rock mehr an“, lachte sie. Auch Musik hörte sie so lange nicht, denn während der Fahrt lauschte sie auf die Geräusche ihres „Hudos“. Stolz stellte sie fest, dass sie während ihrer Reise ebenfalls ihr Gewicht hielt und kaum krank war. „Offensichtlich bin ich eine Pferdenatur: ich hatte einmal Durchfall und einmal Erkältung und wahnsinnige Kopfschmerzen in den Anden auf 4.500 Metern Höhe.“ Mit einer ernsteren Krankheit hatte sie trotzdem einmal zu kämpfen. In Florida erhielt sie die Diagnose, dass sie Krebs hätte. „Aber es wäre nicht schlimm, er könnte weggemacht werden.“ Daraufhin flog sie nach Essen, ließ sich operieren und setzte anschließend ihre Weltreise fort. Während ihrer Abwesenheit vermietete sie ihre Wohnung in Berlin. Für sich selbst habe sie kaum Geld gebraucht, „aber mein Auto!“. Hetzer rechnete hoch: „84.000 Kilometer bin ich gefahren und habe 17 Liter auf 100 Kilometer gebraucht. Das sind etwa 20.000 Euro für Benzin und nochmals 20.000 Euro für Reparaturen.“  Ihre Pläne für Daheim stehen schon fest: „Als erstes werde ich mein Gästezimmer herrichten, damit ich Leute empfangen kann“, ist es ihr wichtig. „Und auf meine Enkel freue ich mich“, so die Power-Großmutter. Über sich verriet sie: „Ich war schon immer ein Mensch, der gerne für andere da war und ich glaube, ich habe das auf dieser Fahrt alles zurückbekommen.“ Dennoch vermutete sie: „Es wird schwierig, wieder in die Gesellschaft zurück zu kommen“.

 

 

    

Das ist „Hudo“, Heidi Hetzers Hudson, Baujahr 1930 – er fuhr sie 84.000 Kilometer durch die Welt Fotograf: Nicole Rauscher

„Hudos“ Seite ist handbemalt Fotograf: Nicole Rauscher

Stolz strahlt sie, weil sie es bis hierher geschafft hat: Heidi Hetzer war mit ihrem „Hudo“ nun zwei Jahre und sieben Monate auf Weltreise Fotograf: Nicole Rauscher

Eine zufällige Begegnung: Die Autorin Nicole Rauscher lief mit ihrem Lebensgefährten Günter Klaus der Rennfahrerin Heidi Hetzer über den Weg Fotograf: privat

Spontan tauschten sich die beiden Frauen aus: Autorin Nicole Rauscher mit der Weltreisenden Heidi Hetzer Fotograf: Günter Klaus