„MeinRat“ von Pfarrer Meinrad Huber – „Erntedank“

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Erntedank. In Ostrach wird es wie in anderen Gemeinden auch einen Familiengottesdienst geben. Die Kinder sind eingeladen, Körbchen mit Erntegaben mitzubringen. Neben den Erntegaben wird ein kleiner Kinder-Kaufladen aufgebaut. Dazu gibt es eine passende Geschichte, die von einem jungen Mann erzählt, der, wie kann‘s anders sein, einkaufen will. Was, wird noch nicht verraten. Das erinnerte mich an einen Besuch vergangenen Sonntag zu Kaffee und Kuchen. Zwischen drin wurde mir ein Fotoalbum gereicht. Da waren keine Bilder der Familie aus vergangener oder jüngerer Zeit zu sehen. Lauter Geldscheine,  einer neben dem anderen. Nicht 10 Mark, 20 Mark, 50, 100 Mark oder Euro …. 50 Milliarden Mark. Eine Billion Mark, das heißt 1000 Milliarden Mark. Scheine aus längst vergangenen Zeiten, Inflation. Ein Ei kostete 1923  320 Milliarden Mark, 320.000.000.000 Mark. Erntedank. Es will uns sensibler machen für unsere Erde, mit allem darauf, was lebendig ist, Menschen, Tiere, Pflanzen. Ich denke an die regenarmen Monate bei uns zurück, an die Naturkatastrophen dieser Tage. Ich denke auch  an die Nachricht dieser Woche, wieviel Brot täglich weggeschmissen wird. „In Afrika wären sie froh, sie hätten das ….“, war der Spruch meiner Mutter, wenn es etwas zu Mittag gab, was der kindliche Gaumen nicht mochte. Jedes Jahr nehme ich mir an Erntedank vor, nicht moralisch daherzukommen. Statt der Fürbitten sollen Dankesworte erklingen, an Menschen, die für mich sorgen. Dankesworte an Gott, der die Saat wachsen lässt, damit  geerntet werden kann. Die Welt ist kein Kaufladen, die Nahrungsmittel nicht zum Nulltarif zu haben. Menschen arbeiten dafür, damit sie überleben können und wir leben. Der junge Mann in der Geschichte will die Welteinheit und den Weltfrieden, die Abschaffung von Vorurteilen, die Beseitigung der Armut, mehr Einheit und Liebe zwischen den Religionen, gleiche Rechte für Mann und Frau, lebenslange Gesundheit kaufen, und und und …” und sie und ich?  Der alte Mann, ein weiser Mann, sie ahnen es vielleicht schon, wer der Mann ist, unterbricht den  Käufer. Gott will ihn darauf hinweisen, dass nicht Früchte verkauft werden, sondern nur der Samen. Der Samen gehört in den Boden, in die Erde. Und Gottes Gedanke in unser Herz.  Erntedank erinnert mich an die tägliche  große Verantwortung, die wir für die uns geliehene Erde haben, für die uns anvertrauten Menschen, die nächste Generation. Daher zum Schluss ein immer noch aktuelles Gebet der vereinten Nationen aus dem Jahr 1942: „Unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung. Gib uns Mut und Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, damit unsere Kinder und Kindeskinder einst stolz den Namen Mensch tragen.“ (Stephen Vincent Benét ) Ein schönes Erntedankfest. Pfarrer Meinrad Huber, Ostrach